UN-Klimakonferenz: Statement zur COP28 in Dubai
Negativrekord: Erstmals COP mit 2400 Lobbyist*innen der fossilen Industrie
Noch nie nahmen so viele Vertreter*innen der fossilen Industrie an einer COP teil wie in diesem Jahr. Über 2400 Lobbyist*innen konnten so Einfluss nehmen. Eine Entwicklung, die wir neben der COP28 Präsidentschaft durch den Chef des größten Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gemeinsam mit der „Kick Big Polluters Out Campaign“ stark kritisieren.
Durch den Druck der Vertreter*innen der Zivilgesellschaft konnten jedoch mehr Transparenzregeln für die Registrierung aller Teilnehmenden erreicht werden. Mehr Informationen zu den diesjährigen Zahlen enthält die Kick Big Polluters Out Campaign, deren Forderungen LIFE mitunterzeichnet hat.
Kein klares Bekenntnis der COP28 zum Ausstieg
Im ZDF Mittagsmagazin vom 05.12.2023 gab Pat Bohland von LIFE ein Statement dazu. Die fossile Lobby war auch in den Länderdelegationen der EU zu finden, unter anderem vertreten durch Mitarbeiter*innen von BP und Exxon.
Das Ergebnis der Konferenz überrascht daher nicht: Ein klares Bekenntnis zu einem schnellen, vollständigen, feministisch und gerecht finanzierten Ausstieg aus allen fossilen Energien im Einklang mit dem 1,5°-Ziel ist nicht zu finden.
Auch wenn die Notwendigkeit einer Abkehr von fossilen Brennstoffen anerkannt wurde, so bleibt die Formulierung voller Schlupflöcher und verwässerter Formulierungen. Das zeigen Formulierungen wie „phase-down” statt phase-out, „unabated” Kohle oder der Ausstieg aus „ineffizienten“ fossilen Subventionen.
Unsere Mitarbeiterin Greta Pallaver zieht das folgende Fazit: „Scheinlösungen wie Atomenergie und Carbon Capture Utilization and Storage (CCU/CCS) werden gleichberechtigt neben erneuerbaren Energien als Lösungen genannt. Insbesondere für die Women and Gender Beobachtungsgruppe zeigt dies die Ignoranz gegenüber den Perspektiven von Frauen und Partner*innen aus dem globalen Süden, die seit Jahren auf die Gefahren dieser Scheinlösungen und Ablenkungsmanöver hinweisen. Hier hat die Fossil-Lobby einen klaren Sieg errungen.”
Finanzielle Zusagen in wichtigen Bereichen fehlen
Der Ausstieg aus den fossilen Energien muss finanziert werden und vor allem die Länder des Globalen Nordens müssen ihrer historischen Verantwortung gerecht werden. Sie müssen die Länder, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, bei diesem Übergang unterstützen. Finanzielle Zusagen und ambitionierte Unterstützung fehlen jedoch in den Bereichen Anpassungen (Adaptation), NCQG (New Collective Quantified Goal on Climate Finance, das neue Klimafinanzierungsziel für die Zeit nach 2025) und Just Transition (gerechte Übergange).
Zwar wurde die Umsetzung des Loss and Damage Funds (Fonds für Schäden und Verluste) bereits zu Beginn der COP beschlossen, die finanziellen Zusagen sind jedoch unzureichend. Dazu kommen weitere kritische Punkte in der Umsetzung des Fonds. Doch solange die fossile Industrie weiter genutzt und ausgebaut wird, wird es auch weiterhin Schäden und Verluste geben. Die sieben größten historischen CO2-Emittenten haben gleichzeitig die höchsten Militärausgaben weltweit. Ein ernsthaftes Engagement für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen erfordert eine Neuausrichtung der Finanzmittel.
Intransparente und unfaire Kohlenstoffmärkte verhindern
In den Verhandlungen zur Gestaltung der Kohlenstoffmärkte und der Sustainable Development Mechanism konnten keine weiteren Beschlüsse gefasst werden, denen alle Ländern zustimmen konnten (Paragraf 6 des Pariser Übereinkommens). Dies ist ein Erfolg und keine Verzögerung, denn damit konnten intransparente Emissionsreduzierungen und Märkte verhindert werden.
Jetzt müssen die Rahmenbedingungen zu Kohlenstoffentfernung (zum Beispiel durch Senken, aber auch Technologien wie CCS/CCU) und die Methoden zur Berechnung von Emissionsreduzierungen klar nachgebessert werden. Wir fordern, dass Aktivitäten im Rahmen dieser Mechanismen unter dem UNFCCC nicht ohne starke soziale und ökologische Schutzprinzipien und einen funktionsfähigen und unabhängigen Beschwerdemechanismus begonnen werden dürfen.
Mehr Gendergerechtigkeit bei Just Transition notwendig
Die COP28 Präsidentschaft initiierte eine Partnerschaft für „gender-responsive Just Transition“, die von 68 Staaten (inklusive Deutschland) unterschrieben wurde. Die Partnerschaft umfasst ein Paket von Selbstverpflichtungen in den Bereichen Finanzen, Daten und Chancengleichheit.
Im operativen und somit verbindlicheren Teil der COP28 Beschlüsse zu dem Thema, dem Just Transition Work Programm, fehlt dieses Engagement. Dabei sollten genau hier Menschenrechte und die Rechte von Arbeiter*innen im Mittelpunkt stehen. Unbezahlte Sorgearbeit und der informelle Sektor sollten berücksichtigt werden und der Zivilgesellschaft und allen relevanten Stakeholdern Mitbestimmung und Mitsprache ermöglicht werden. Leider wurden diese Aspekte nicht berücksichtigt oder stark verwässert.
Im Schatten der COP28: Action for Climate Empowerment und Gender Action Plan
Im Schatten der diesjährigen Verhandlungen standen zwei wichtige Aktionspläne für die Förderung von sozialem und gerechtem Klimaschutz: Action for Climate Empowerment und der Gender Action Plan. Bei erstem wurde über die (fehlende) Finanzierung der im letzten Jahr beschlossen Aktivitäten diskutiert. Weil darüber zu keiner Einigung gelangt wurde, gab es keine Beschlüsse und die Verhandlungen wurden auf die nächste Sitzung vertagt. Beim Gender Action Plan wurden gesetzte Begrifflichkeiten zur Gleichstellung der Geschlechter diskutiert. Der Beschluss bringt einen gerechten Klimaschutz und die Umsetzung des Aktionsplans nicht voran. Beide Themen dürfen zukünftig weder als Nebenschauplätze noch als Verhandlungsmasse behandelt werden.
Versammlungsfreiheit nur eingeschränkt möglich
Ähnlich wie im Jahr zuvor in Ägypten war es der Klimagerechtigkeitsbewegung auch in diesem Jahr aufgrund der Menschenrechtslage des Gastgeberlandes nicht möglich, eine große Demonstration für einen (gender-)gerechten Klimaschutz zu organisieren.
Innerhalb des Konferenzgeländes standen der Zivilgesellschaft neun Orte für Demonstrationen und Aktionen zur Verfügung. Allerdings wurden diese erst ab dem vierten Tag, nach dem Zusammentreffen der Regierungschef*innen, zugelassen. Drei dieser Orte wurden bereits nach den ersten Aktionen für weitere Demonstrationen geschlossen.
Außerdem wurde das Recht zur freien Meinungsäußerung über den üblichen Code of Conduct, der in einer UN Konferenz üblich ist, hinaus weiter eingeschränkt. Wir blicken deshalb mit Sorge auf die nächste Klimakonferenz in Baku, Aserbaidschan. Hinsichtlich der globalen Lage zeigt sich, dass die zivilgesellschaftliche Handlungsfreiheit nicht nur in Krisengebieten eingeschränkt wird.
Nur noch zwei Jahre, um den CO2-Anstieg zu stoppen
Wir haben nur noch zwei Jahre, um den weiteren Anstieg weltweiter Treibhausgasemissionen zu stoppen. In zwei Jahren dürfen wir nicht in der Situation sein, uns eingestehen zu müssen, dass das 1.5°C Ziel des Pariser Übereinkommens nicht mehr erreicht werden kann.2025 findet die Klimakonferenz im Regenwald Brasiliens, der Lunge der Welt, statt. Ausgerechnet hier sollte das nicht passieren.
Konsequenter Klimaschutz erfordert Frieden
Klimaschutz muss sozial und gendergerecht sein und hat keinen Platz für Kriege – es braucht einen dauerhaften Waffenstillstand überall und sofort. Dies sind keine Bedingungen, sondern die Lösung, um einen schnellen, gerechten, feministischen finanzierten und vollständigen Ausstieg aus allen fossilen Energien zu erreichen.
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