Inklusion am Arbeitsplatz – Unternehmensbeispiele
Mercedes-Benz Werk Berlin
Foto: Manuela Enslen & Thilo vor dem Mercedes-Benz Werk Berlin
© Christian v. Polentz
„Junge Menschen mit Behinderung auszubilden sichert Unternehmen die Fachkräfte von morgen.“
Foto: Manuela Enslen © Mercedes-Benz Werk Berlin
Wie setzen Sie die berufliche Integration von Menschen mit Behinderung in ihrem Unternehmen um?
Manuela Enslen: „Die Daimler AG hat eine Inklusionsvereinbarung verfasst, die dazu beitragen soll, dass das Unternehmen ihrer wichtigen gesellschafts- und sozialpolitischen Verpflichtung zur Beschäftigung, insbesondere von Frauen, Förderung und Teilhabe von schwerbehinderten Menschen und besonders schwerbehinderten Auszubildenden nachkommt. Die Daimler AG ist in der Verantwortung behindertengerechte Arbeitsplätze einzurichten und zu erhalten, schwerbehinderten Menschen verbesserte Chancen im Arbeits- und Berufsleben zu bieten, ihre Qualifikation und Beschäftigung zu fördern, jeweils bestmögliche und angemessene räumliche und technische Arbeitsbedingungen zu schaffen und die Barrierefreiheit zu gewährleisten. Alle Beschäftigten/ Führungskräfte müssen für die Belange schwerbehinderter Menschen in allen Arbeitsprozessen sensibilisiert, ggf. qualifiziert werden. Schwerbehindertenvertretung, Betriebsräte und die arbeitgeberseitig jeweils Verantwortlichen arbeiten dazu vertrauensvoll zusammen.“
Manuela Enslen: „Beispiele für die berufliche Integration von Menschen mit Handicap sind das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), Gesundheitsprävention, die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, bauliche Maßnahmen sowie die digitale Barrierefreiheit.
Bei der ergonomischen Gestaltung der Arbeitsplätze- und des Arbeitsumfeldes schwerbehinderter Beschäftigter sollen, wo immer möglich und vertretbar, Hilfsmittel und technische Arbeitsmittel bereitgestellt werden. So wird im Werk kontinuierlich ermittelt, welche Arbeitsplätze beispielsweise durch höhenverstellbare Tische, Hebehilfen, Stühle mit verstellbaren Armlehnen oder Stehhilfen barrierefrei gestaltet werden können.
Bauliche Maßnahmen sind z.B. abgesenkte Bordsteine, barrierefreie Zugänge etc. Seit 2015 gibt es bei Daimler die Aktion „Barrierefreiheit“. Expertenteams sollen an jedem Standort Betriebsbegehungen durchführen und entscheiden, welche Situationen barrierefrei zu gestalten sind. Ein Ergebnis ist, dass bereits bei der Planung von neuen und dem Umbau von bestehenden Gebäuden Anforderungen der Barrierefreiheit eingehalten werden müssen.
Die digitale Barrierefreiheit für mobile Anwendungen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Unsere Mitarbeiter*innen benutzen PCs, Laptops und Handys. Für die hat Daimler Applikationen (Apps) erstellt. So können Kontraste, Helligkeit, Schriftgröße, Untertitel bei Filmen etc. individuell eingestellt werden.
Im Einzelfall werden Lohnkostenzuschüsse beantragt. Mobilitätstrainings und Investitionen in die Ausbildung schwerbehinderter Jugendlicher ergänzen die umfangreichen Aktivitäten im Werk. Wir kooperieren eng mit dem Integrationsamt und dem Integrationsfachdienst.“
Wie verstehen Sie Integration?
Manuela Enslen: „Daimler setzt auf Vielfalt. Vielfalt bedeutet Bereicherung und dazu gehört die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Aufgrund der demografischen Herausforderungen wird es immer wichtiger, den Mehrwert unterschiedlicher Begabungen und Potentiale von Menschen mit Behinderungen zu nutzen. Die Vielfalt von Mitarbeitenden bereichert Teams und stärkt die Unternehmenskultur.“
Welche Tipps können Sie anderen Unternehmen und Fach- und Führungskräften mit Behinderung geben?
Manuela Enslen: „Nutzen Sie die Potentiale von Menschen mit Behinderung! Vielfalt in der Belegschaft zahlt sich aus. Arbeitgeber bekommen qualifizierte Fachkräfte, loyale Mitarbeitende und stärken ihre Arbeitgeberattraktivität. Das Unternehmen profitiert von einem verbesserten Betriebsklima und nicht zuletzt auch von finanziellen Vorteilen.“
Manuela Enslen: „Die Schwerbehinderung (Ausweis) angeben, damit die Schwerbehindertenvertretung aktiv werden kann. Niemand wird ausgegrenzt, vielmehr kann auf die individuellen Belange der Mitarbeitenden eingegangen werden.“
Manuela Enslen: „Junge Menschen mit Behinderung auszubilden sichert Unternehmen die Fachkräfte von morgen.“
Aus dem Arbeitsalltag von Mitarbeitenden mit Behinderung
Thilo: „Im März 2011 hatte ich einen schweren Motorradunfall. Meine Ausbildung zum Mechatroniker konnte ich wegen zahlreicher Operationen und der Reha-Behandlung nicht fortsetzen. Geblieben sind eine Gehbehinderung, motorische Einschränkungen und Schmerzen. Nach 3,5 Jahren Arbeitsunfähigkeit riet mir die Schwerbehindertenvertretung von Daimler, mich erneut für einen Ausbildungsplatz zu bewerben. Diesmal als Zerspannungsmechaniker, da hierbei die Maschineninstandhaltung entfällt. 2014 bekam ich einen neuen Ausbildungsvertrag. Die Schwerbehindertenvertretung und mein Ausbildungsmeister sorgten dafür, dass ich spezielle, maßangefertigte Sicherheitsschuhe erhielt. Nach erfolgreichem Abschluss erhielt ich einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Heute arbeite ich in der Kleinserienfertigung für Ölpumpen. Es wird darauf geachtet, dass ich nicht länger als die Hälfte des Tages stehe und mir wurde eine extra Sitzstehhilfe bestellt. Ich bin froh und dankbar, dass ich bei Daimler nochmal eine Ausbildung beginnen durfte und nun einen sicheren Arbeitsplatz habe.“