Diskriminierung am Arbeitsplatz

Wie können störende Strukturen am Arbeitsplatz rechtssicher aufgelöst werden und wie können diskriminierende Praktiken bekämpft werden?
Wann liegt eine Diskriminierung vor?
Was müssen Arbeitgebende beachten, z.B. bei Stellenanzeigen und bei der Einstellung?

Wir luden Rebecca Richter, Partnerin bei DUNKEL RICHTER, einer Berliner Medienrechtskanzlei, die sich auf die Rechtsberatung von Frauen und der Queer-Community fokussiert, zu einem Workshop ein, um häufige Fragen zu klären:

Was ist Diskriminierung?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) regelt umfassend, was aus juristischer Sicht als Diskriminierung anzusehen ist.
Eine Diskriminierung im rechtlichen Sinne ist jede ungerechtfertigte Ungleichbehandlung aufgrund von race, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung.

Welche Formen der Diskriminierung gibt es?

  • Unmittelbare Benachteiligung
  • Mittelbare Benachteiligung
  • Sexuelle Belästigung
  • Anweisung zur Benachteiligung
  • Belästigung
  • Mehrdimensionale Diskriminierung

Statur der Göttin Justitia vor Regenbogenfahne

© Shutterstock / Proxima Studio

Diskriminierungen können bewusst oder unbewusst erfolgen. Sie knüpfen etwa an Vorurteile oder stereotype Normalitätserwartungen an. Sie können offen und direkt geschehen (unmittelbare Diskriminierung), wenn zum Beispiel eine Person aufgrund ihres Namens nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird oder aufgrund ihrer Hautfarbe bei der Wohnungssuche abgelehnt wird.
Diskriminierungen sind aber oft auch schwerer erkennbar (mittelbare Diskriminierung), etwa wenn Regelungen scheinbar neutral formuliert sind. Dies ist zum Bespiel der Fall, wenn in Stellenausschreibungen allgemein eine akzentfreie Beherrschung der deutschen Sprache gefordert wird, ohne, dass dies explizit für die Ausübung der Tätigkeit erforderlich ist.
Hinzu kommt, dass Diskriminierung häufig auf das Zusammenspiel verschiedener Merkmale zurückzuführen ist wie ethnische oder soziale Herkunft, Religion oder Geschlecht (sogenannte mehrdimensionale Diskriminierung). Beispielsweise verstärken sich die Merkmale weiblich, vermeintlich nichtdeutscher Name, nichtdeutsche Herkunft, islamischer Glaube gegenseitig.

Welche Rechte haben Betroffene?

  • 13 Beschwerderecht
  • 14 Leistungsverweigerungsrecht
  • 15 Entschädigung

Von ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mende ha­ben gemäß § 13 AGG das Recht, sich bei „den zuständi­gen Stel­len“ zu be­schwe­ren. § 14 AGG gibt den von ei­ner Dis­kri­mi­nie­rung be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­menden ein Recht zur Leis­tungs­ver­wei­ge­rung, al­ler­dings nicht in al­len Fällen ei­ner ver­bo­te­nen Be­nach­teiligung, son­dern nur in den zwei Son­der­kon­stel­la­tio­nen der Belästi­gung (§ 3 Abs.3 AGG) und der se­xu­el­len Belästi­gung (§ 3 Abs.4 AGG).
Vor­aus­set­zung für das Recht zur Leis­tungs­ver­wei­ge­rung ist außer­dem, dass Arbeitgebende von der Dis­kri­mi­nie­rung Kennt­nis haben, aber kei­ne oder nur of­fen­sicht­lich un­ge­eig­ne­te Maßnah­men zur Un­ter­bin­dung er­greift.

15 AGG ver­schafft Ar­beit­neh­mende, die be­nach­tei­ligt wur­den, ei­nen An­spruch auf Er­satz des durch die Dis­kri­mi­nie­rung ent­stan­de­nen ma­te­ri­el­len Scha­dens. Ein An­spruch auf Er­satz des ma­te­ri­el­len Scha­dens setzt vor­aus, dass Ar­beit­ge­bende die Be­nach­tei­li­gung „zu ver­tre­ten“, d.h. ver­schul­det hatten. Ein sol­ches Ver­schul­den liegt dann vor, wenn Ar­beit­ge­bende die Dis­kri­mi­nie­rung ent­we­der selbst vorsätz­lich oder fahrlässig be­gan­gen haben oder wenn ei­ner der „Erfüllungs­ge­hil­fen“, d.h. zum Bei­spiel ein Vor­ge­setz­ter/eine Vorgesetzte, in die­ser Wei­se ge­han­delt hat.

Welche Pflichten haben Arbeitgebende?

Nach § 12 AGG Schutzpflicht treffen die Arbeitgebende erhebliche Schutz- und Organisationspflichten, um Diskriminierungen bereits präventiv zu verhindern oder auf eingetretene Benachteiligungen zum Schutz der Betroffenen angemessen zu reagieren und diese zu schützen.
Bei der Fürsorgepflicht geht es vor allem darum, das Wohl der Arbeitnehmenden im Auge zu behalten und seine Gesundheit gemäß BGB § 618 Abs. 1 zu schützen.
Das AGG räumt Beschäftigten eines Unternehmens ein umfassendes Beschwerderecht in Bezug auf Diskriminierungen ein. Die konkrete Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens und der einzurichtenden Beschwerdestelle wird dabei den Arbeitgebenden überlassen. Die Arbeitgebenden können entweder konkrete Personen als Beschwerdestelle benennen oder eine für das Beschwerdeverfahren zuständige Stelle einrichten.

Was muss bei Stellenanzeigen beachtet werden?

Für Stellenanzeigen bedeutet das Diskriminierungsverbot, dass Stellen in der Regel merkmalsneutral ausgeschrieben werden müssen. Im gesamten Ausschreibungstext darf weder unmittelbar noch mittelbar ein nach dem AGG verbotenes Unterscheidungsmerkmal für die Stellenvergabe eine Rolle spielen.

Hinweise:

  • Inklusive Sprache verwenden:
    Inklusive Sprache unterlässt alle Bezeichnungen, die auf nicht dominante Gruppen abschreckend wirken. Sie bezieht alle Geschlechter mit ein. Doch inklusives Schreiben fängt erst bei gender-neutralen Formulierungen an. Gemeint sind alle Begrifflichkeiten, Kombinationen, Bausteine und die Tonalität eines Textes. Alle Menschen, egal welcher Herkunft, Hautfarbe, Alter oder sexueller Ausrichtung sollen sich angesprochen fühlen.
  • Keine Altersgrenzen, nicht an Behinderung oder andere Merkmale anknüpfen.
  • Stellenanzeigen können zur Förderung von Inklusion auch auf bestimmte Merkmale (PoC etc.) ausgerichtet werden, Menschen mit Behinderung dürfen bevorzugt eingestellt werden. (Stichwort: Sachlicher Grund für Ungleichbehandlung)

Weitere Informationen und Beratung:

Quellen:


Das Projekt wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung