Zu Besuch: Beamte des Exekutivbüros des US Präsidenten
Internationale Berufsbildungskooperation und Informationsaustausch
Mit dem Studienbesuch der US-Gruppe vertieft die Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungskooperation (GOVET) den Informationsaustausch. In geeigneten Bereichen der Aus- und Weiterbildung teilt sie Best Practices, diesmal Projekte von LIFE.
GOVET ist Teil des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und bündelt Kompetenzen und Erfahrungen aus Berufsbildung, Wirtschaft, internationalen Beziehungen sowie aus der Entwicklungszusammenarbeit.
Hannelore Kress, Senior Projektmanagerin beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) verantwortet die fachliche Beratung in den USA. Dazu gehört die Lokalisierung innovativer Berufsbildungsinstrumente, die sie der Besuchergruppe am Beispiel unserer Weiterbildungsprojekte und EnterTechnik vorstellte.
Best Practices bei LIFE: Integration von Migrantinnen und Geflüchteten, Berufsbildung in MINT und technisch-ökologischen Berufen
Heidemarie Kollatz präsentierte die LIFE-Angebote zur Integration von Migrantinnen und geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt durch berufliche Bildung im Klima- und Umweltschutzbereichen. Kornelia Ruppmann zeigte anhand des Projekts EnterTechnik, dem Technischen Jahr für junge Frauen, wie der Übergang in MINT-Bereiche gelingen kann. MINT ist die zusammenfassende Bezeichnung von Berufen aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.
Für eine gleichberechtigte Zukunft
Für Heidemarie Kollatz (LIFE – ÖKOTHEK) ist klar, warum sie die Bildung von Frauen in Klima- und Umweltschutzbereichen vorantreibt: „Die Zukunft wird keine Männerwelt mehr sein, sondern eine qualifizierte Welt – eine Welt, in der Frauen den gleichen Zugang, die gleiche Vertretung und die gleichen Fähigkeiten haben, um die Chancen in Branchen und Berufen zu nutzen, die wachsen und gut bezahlt werden.“ In den Weiterbildungen bei LIFE erhalten Frauen aus allen Ländern dazu die notwendige berufliche Orientierung, Informationen über grüne Berufe und öko-technische Qualifizierungen.
Genderneutrale Arbeitsplätze sind entscheidend, um das Vertrauen von Frauen in eine MINT- Karriere zu erhalten
Tatsache ist, dass viele Frauen, die in MINT-Branchen arbeiten, beruflich weniger erfolgreich sind. Ihre Fluktuationsrate übersteigt bei weitem die der Männer. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, was in diesen Berufen geschieht, und zu überlegen, wie die Ungleichheit in der MINT-Welt überwunden werden kann. Nach Ansicht von Kornelia Ruppmann (LIFE – EnterTechnik) gehört dazu neben der Sensibilisierung junger Menschen für genderspezifisches Verhalten vor allem die Schaffung genderneutraler Arbeitsplätze. Nur sie könnten einen Generationswechsel fördern und dazu beitragen, talentierte Frauen zu halten, so Ruppmann.
Warum gelingt es trotz vieler Versuche nicht, mehr Frauen in MINT-Berufen zu halten?
Eine Reihe von Maßnahmen in vielen Ländern zielen darauf ab, die Zahl der weiblichen MINT-Qualifizierten zu erhöhen, um die steigende Nachfrage nach ihren Fähigkeiten zu befriedigen. Aber sie sind nicht besonders erfolgreich. Weder die höhere Zahl der Studienanfängerinnen in MINT-Fächern noch ihr Selbstvertrauen als Studentinnen setzen sich in den MINT-Berufen fort.
Fokus auf den Übergang in die berufliche Laufbahn richten
Die Besucher*innen waren sich in der Diskussion bei LIFE darin einig, dass der Bildungsschwerpunkt zukünftig sowohl auf den Übergang in die berufliche Laufbahn liegen muss, als auch auf einer intensiveren und individuelleren Begleitung. So könne sich das Vertrauen in die frühe berufliche MINT-Laufbahn, die sich zum Beispiel bei den Teilnehmerinnen von EnterTechnik zeigt, in einem längerfristigen beruflichen Erfolg niederschlagen.
Auch in den USA beklagen Wirtschaft und Politik einen eklatanten Fachkräftemangel im MINT-Sektor
Rebecca l. Spavins, Catherine A. Derbes und David Weisshaar vom Office of Management and Budget (OMB) und Raimo Mitschke vom Department of Economy zeigten sich davon beeindruckt, wie nah LIFE mit seinen Projekten am Puls der Zeit und an den Unternehmen ist. Sie stellten immer wieder fest, dass sich die Lage für Frauen in MINT-Bereichen und die Situation von Migrantinnen und Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt in den USA kaum von Deutschland unterscheidet. Zum aktuellen Zeitpunkt herrscht in vielen Branchen in den USA akuter Fachkräftemangel, vor allem in den Bereichen Umwelt- und Energietechnik, Maschinenbau und Mechanik, Informations- und Kommunikationstechnologien und Medizin. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass Frauen diese Berufe häufiger verlassen.
Männerdominanz in MINT: es liegt nicht am fehlenden Selbstvertrauen der Frauen
Eine Studie aus Australien zeigt, dass die mangelnde Präsenz von Frauen in MINT nicht, wie bisher oft angenommen, auf mangelndes Selbstvertrauen zurückzuführen ist. Frauen sind in MINT-Fächern genauso selbstbewusst sind wie Männer. In der Berufswelt unterschätzen MINT-Frauen eher ihre Fähigkeiten, obwohl sie genauso gute Leistungen erbringen wie Männer. Die Situation in den ausgeübten MINT-Berufen, wie geringere Karrierechancen und eine deutliche Ungleichbehandlung, führen dazu, dass sie die MINT-Branchen früh wieder verlassen.
In den MINT-Berufen weltweit ist nur etwas mehr als jeder vierte MINT-Beschäftigte eine Frau. In Deutschland zeigt die Erhebung von Statista aus dem Jahr 2022 die grundsätzliche Unterrepräsentation von Frauen in MINT-Berufen, bzw. die Stagnation des Frauen-Anteils auf niedrigem Niveau. So lag die Quote bei den Akademikerinnen 2011 bei 20,2 Prozent, steigerte sich sukzessive bis auf 23,4 Prozent im Jahr 2018, nur um 2019 auf 22,6 Prozent zurückzufallen. Und noch schlechter sieht es bei den weiblichen Fachkräften im MINT-Sektor aus. Hier fiel 2019 der Prozentsatz mit 10,8 Prozent sogar unter das Niveau von 2011, als er 11,6 Prozent betragen hatte.
Die Projekte Ökothek und EnterTechnik werden gefördert durch die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung, Abteilung Frauen und Gleichstellung.