Abschlussstatement zur COP27

UN-Klimaschutzkonferenz 2022 – viel Schatten, etwas Licht!

Sign at COP27 saying

© LIFE e.V.

Das englischsprachige Pressestatement der Women and Gender Constituency ist hier zu finden.

Am Ende dauerte die internationale Klimakonferenz (COP27), die in diesem Jahr in Sharm El-Sheikh in Ägypten stattfand, zwei Tage länger als geplant. Zumindest ein wichtiges Ergebnis wurde dadurch erreicht: Nach jahrelangen Debatten einigte sich die Konferenz erstmals auf einen gemeinsamen Geldtopf zum Ausgleich von Klimaschäden in ärmeren Ländern. Der neue Ausgleichsfonds soll unabwendbare Folgen der Erderhitzung abfedern – etwa immer häufigere Dürren, Überschwemmungen und Stürme. Begünstigt werden sollen Entwicklungsländer, die besonders gefährdet sind, die aber selbst kaum zum CO2-Anstieg beitragen. Ohne den Druck vieler NGO´s wäre dies wohl kaum möglich geworden. Weitere politische Richtungsentscheidungen gab es nicht.

Ein neues Arbeitsprogramm für das 1.5 Grad Ziel

Dieses Jahrzehnt ist entscheidend für die Einhaltung des 1.5°C Ziels, dazu wurde ein neues Arbeitsprogramm beschlossen. Ohne ein Zielsetzungs- oder Berichtssystem wird sich aber erst in den kommenden Jahren zeigen, ob es wirkt. Die Zusagen überzeugen angesichts der Verhandlungsergebnisse wenig. Die vereinbarten Marktregularien bieten zu viele Schlupflöcher, sie sind nicht transparent und wichtige Safeguards für Umwelt und Menschenrechte fehlen. Ein Ausstieg aus allen fossilen Energien wurde nicht beschlossen, aber das Glasgow-Paket verbessert und die Notwendigkeit zur Transformation zu erneuerbaren sowie „sauberen” Energien festgestellt.

Die Einmischung der großen Umweltverschmutzer (#Big Polluters) verhindern

Lobbyisten aus der fossilen Energieindustrie waren erneut ein großes Problem. Das zeigen die Zahlen von Corporate Accountability, Global Witness sowie Corporate Europe Observatory. Die Interessenvertreter*innen der fossilen Energieunternehmen gehörten nicht nur zu den Business Beobachtungsgruppen, sie waren Teil der Party Delegationen. Dadurch hatten sie direkten Einfluss auf Beschlüsse, die zur Einhaltung des 1.5°C Ziels beitragen sollen und sabotierten diese Anstrengungen. Der UNFCCC Prozess braucht dringend einen Rahmen, um solche Einflüsse und Interessenskonflikte zu verhindern oder zumindest transparent zu machen.

Gerechter Wandel – für wen?

Der „gerechte Übergang“ (just transition) war erneut das Schlagwort auf allen auf Events und Verhandlungen. Die Rolle relevanter Stakeholder wurde dabei jedoch kaum thematisiert. Ohne Berücksichtigung der Rechte von Arbeitnehmer*innen kann jedoch kein gerechter Wandel statfinden. Ebenso fehlt ein gendersensibler Ansatz, um tatsächlich alle Beteiligten in der Transformation mitzunehmen. Das kann nur durch Verhandlungen im Bereich „Action for Climate Empowerment und Gender“ geändert werden. Die ILO (Internationale Arbeitsorganisation) wurde deshalb dazu aufgefordert eine weitere Veranstaltung zu einer „gender just transition“ zu organisieren.

Action for Gender

Die Überprüfung des Gender Aktionsplans (GAP) wurde bereits zu Beginn des Jahres während der Zwischenverhandlungen in Bonn vorbereitet. Die Fortsetzung während der Klimakonferenz enttäuschte jedoch sehr, da eine Beteiligung an den Verhandlungen kaum möglich war. Dabei ist die Geschlechterungleichheit durch die Pandemie gestiegen und eine gendersensible Klimapolitik durch den Gender Aktionsplan dringend erforderlich.

Action for Climate Empowerment

Der neue „Action for Climate Empowerment“ (ACE) besteht aus insgesamt zehn Paketen. Mit ihnen sollen Bildung, öffentliches Bewusstsein, Zugang zu Informationen, Partizipation und internationale Kooperationen verstärkt werden. Insbesondere Kinder, Jugendliche, Frauen, indigene Völker und Menschen mit Behinderungen sollen eingebunden werden und in allen Umsetzungen gendersensible Ansätze berücksichtigt werden. Dennoch wurde die Relevanz von ACE für eine gerechte und nachhaltige Transformation nur ungenügend aufgegriffen. Die große Anzahl der Pakete gefährdet möglicherweise die Umsetzung des gesamten Plans. Außerdem fehlen Baselines oder Indikatoren zur Überprüfung ihrer Wirkung.

Wie weiter?

Bis zum Jahr 2030 finden voraussichtlich noch sieben internationale Klimakonferenzen statt, aber wann werden alle Teilnehmenden endlich erkennen, wie entscheidend dieses Jahrzehnt ist, um das 1.5°C Ziel zu erreichen?

Überwachung und Gefährdung von Teilnehmer*innen in Ägypten

Die Teilnahme an der Klimakonferenz im autoritär regierten Ägypten war für viele Teilnehmende mit großen Hürden, Risiken und Kosten verbunden. Neben hohen Preisen für Hotels und Unterkünfte, war die Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt und LGBTQI+ Personen gefährdet. Vor Ort sorgte die massive Präsenz des ägyptischen Sicherheitsdienstes, die ständige Kontrolle in Hotels und Flughäfen und die Überwachungsoptionen der offiziellen COP27 App für persönliche Ohnmachtsgefühle. Das wurde durch den Besuch von Mona Seif, Schwester des Demokratie-Aktivisten und politischen Gefangenen Alaa Abdel Fattah, verstärkt. Diese erschwerten Bedingungen hielten die NGO´s jedoch nicht davon ab mit vielfältigen Aktionen auf Klimagerechtigkeit und Menschenrechte aufmerksam zu machen.

Was können wir von der UN-Klimakonferenz 2023 in Dubai erwarten?

Die nächste Klimakonferenz findet 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Der neue Gastgeber stellte die größte Delegation in Ägypten und die meisten Lobbyisten fossiler Energieunternehmen. Wir rechnen daher nicht mit neuen Verpflichtungen zum Ausstieg aus den fossilen Energien. Wie in Ägypten wird der Umgang mit den Aktivst*innen die Konferenz belasten und die Partizipation zivilgesellschaftlicher Organisationen beeinflussen. Ein Schwerpunkt soll auf Frauen in Führungsrollen liegen, doch das ist kein Indiz für ein Interesse an weiterreichender gendersensibler Politik zu nachhaltigen und klimagerechten Transformation.